Neues zum Adoptionskarussell! BGH entscheidet zur Verwandtschaft bei Volljährigenandoption mit Wirkung der Minderjährigenannahme


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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 15.1.2014 (Az. XII ZB 443/13 = NJW 2014, 934) entschieden, dass das deutsche Abstammungsrecht es nicht gestattet, eine Volljährigenadoption durch den leiblichen Vater mit Wirkungen der Minderjährigenadoption (sog. Volladoption) unter Beibehaltung der Bindungen zur leiblichen Mutter durchzuführen, wenn diese mit dem leiblichen Vater nicht mehr verheiratet ist. Die §§ 1755 II i.V.m. 1772 I 1 BGB fänden, so das Gericht, keine Anwendung, wenn der Annehmende die Annahme des Kindes seines geschiedenen Ehegatten begehre.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall ging es um eine komplizierte Familiensituation, in der ein leiblicher Vater, nach zunächst erfolgter Adoption des Kindes durch einen Dritten, das Kind als sein Kind „zurück“-adoptieren wollte (sog. Rückadoption oder Adoptionskarussell).

Der leibliche Vater des Kindes war mit der Mutter zur Zeit der Geburt verheiratet und somit gem. § 1592 Nr. 1 BGB auch rechtlicher Vater des Kindes. Die Eheleute trennten sich allerdings recht bald wieder, beide heirateten nach rechtskräftiger Scheidung erneut. Der neue Ehemann der Mutter adoptierte das Kind im Wege der Minderjährigenadoption gem. §§ 1741 ff. BGB. Auch die zweite Ehe der Eltern ging jeweils in die Brüche, der leibliche Vater des Kindes ist mittlerweile zum dritten Mal verheiratet und begehrt nunmehr mit Zustimmung aller Beteiligter die Annahme des mittlerweile volljährig gewordenen Kindes im Wege der Volljährigenadoption mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption gem. §§ 1773 ff. BGB, hilfsweise beschränkt er seinen Antrag auf die Wirkungen der Volljährigenadoption. Das AG Siegburg gab lediglich der schwachen Volljährigenadoption statt, die Wirkungen der Minderjährigenadoption könnten deshalb nicht eintreten, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Der leibliche Vater hat in der Beschwerde gegen den Annahmebeschluss ferner die Feststellung begehrt, dass das Verwandschaftsverhältnis zur leiblichen Mutter durch eine Volladoption nicht erlösche. Das OLG Köln und nun auch der BGH wiesen die Rechtsmittel allerdings zurück.

Rechtlicher Hintergrund

Wird ein Kind im Wege der Minderjährigenadoption gem. §§ 1741 ff. BGB als Kind angenommen, so erlöschen gem. § 1755 BGB grds. die Verwandschaftsbeziehungen des Kindes mit seinen ursprünglichen Eltern. Eine Ausnahme für die Stiefkindadoption macht § 1755 II BGB. Hiernach bleiben die Verwandschaftsbeziehungen zum Ehegatten des Annehmenden bestehen, lediglich das rechtliche Band zu dem anderen Elternteil erlischt. Damit wird das Stiefkind voll in die neue Familie integriert. Die neue Familie, die unter dem besonderen Schutz des Art. 6 I GG steht, wird somit in ihrem Bestand gestärkt.

Wird jedoch ein volljähriges Kind angenommen, gilt im Grundsatz, dass die Verwandtschaftsbeziehungen des Kindes zu seinen Verwandten von dieser Annahme nicht berührt werden, vgl. § 1770 II BGB. Lediglich das rechtliche Band zum Annehmenden wird geknüpft. Das Kind gilt fortan als Kind des Annehmenden, bzw. als gemeinschaftliches Kind der annehmenden Ehegatten, vgl. § 1754 I, II, 1767 I BGB. Hierzu gibt es wiederum eine Ausnahmeregelung. Nach § 1772 BGB kann unter bestimmten Umständen eine Volljährigenadoption auch mit den Wirkung der Minderjährigenadoption (sog.Volladoption) erfolgen, d.h. es besteht auch bei der Volladoption die Möglichkeit, dass alle Verwandschaftsbeziehungen des Kindes zu seinen Eltern erlöschen. In einem solchen Fall finden dann auch die §§ 1754-1756 BGB Anwendung, d.h. grundsätzlich auch der vorstehend beschriebene § 1755 II BGB.

Entscheidung des BGH

Da der BGH aus prozessualen Gründen über die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption überhaupt vorlagen, nicht zu befinden hatte, konzentriert sich der Beschluss im wesentlichen auf die Frage, ob der leibliche Vater sein Kind, trotz der Regelung des § 1755 I BGB, als solches Annehmen kann, ohne, dass die Verwandschaftsbeziehungen zur Mutter erlöschen. Mit anderen Worten: Fraglich war, ob § 1755 II BGB auf den vorliegenden Fall Anwendung findet.

Zu Recht stellt der BGH fest, dass dies nicht der Fall ist. § 1755 II BGB findet nämlich nur dann Anwendung, wenn eine Ehe zwischen dem Annehmendem und dem Elternteil (d.h. der Mutter) besteht. Das ist im vorliegenden Fall allerdings zu verneinen, da sich die ursprünglichen Ehegatten wenige Jahre nach der Geburt haben scheiden lassen.

Auch eine analoge Heranziehung des § 1755 II BGB lehnt der BGH mE zu Recht ab. Geschiedene und damit getrennt lebende Eheleute bedürfen nicht desselben Schutzes, den § 1755 II BGB bezweckt. Der sozial-familiäre Zusammenhalt, den die Regelung stärken möchte, besteht in Fällen wie dem vorliegenden nicht mehr. Somit bedarf es auch einer entsprechenden Regelung nicht. Darüber hinaus sieht der BGH auch zu Recht kein gesteigertes Interesse an der Anwendung der Bestimmung im konkreten Fall, denn das Verwandtschaftsverhältnis zum Vater kann über die schwache Volljährigenadoption begründet werden, gleichzeitig bleibt das rechtliche Band zur leiblichen Mutter bestehen. Die gewünschten abstammungsrechtlichen Zuordnungen können daher weitgehend über die schwache Volljährigenadoption erreicht werden.

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