ÖstVfGH: Ausschluss gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von medizinisch unterstützter Fortpflanzung mittels Samenspende verfassungswidrig!


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Der österreichische Verfassungsgerichtshof (ÖstVfGH) hat am 10.12.2013 entschieden, dass der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften von
medizinisch unterstützter Fortpflanzung mittels Samenspende gegen die österreichische Verfassung verstößt (G 16/2013-16; G 44/2013-14). Der Gesetzgeber hat nun Zeit bis Ende 2014 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.

Hintergrund

§ 2 Abs. 1 des österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) sieht vor, dass eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung lediglich Eheleuten und verschiedengeschlechtlichen Lebensgefährten offensteht. Gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerinnen ist damit nach bisherigem Recht der Zugang zur künstlichen Reproduktion, und damit die Erfüllung des Kinderwunsches durch medizinische Unterstützung, versperrt.

In den beiden, auf unterschiedlichem Weg zum Verfassungsgerichtshof gelangten Verfahren hatten zwei gleichgeschlechtliche Paare jeweils die Zulassung zu einer entsprechenden Behandlung begehrt, die ihnen jedoch verwehrt worden war.

Entscheidung des ÖstVfGH

Der ÖstVfGH entschied nun zu Gunsten der Antragstellerinnen und hob die o.g. Bestimmung als verfassungswidrig auf.

Insbesondere sieht der ÖstVfGH einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Indem der Gesetzgeber verschiedengeschlechtlichen Lebensgefährten eine künstliche Befruchtung mittels Samenspende gestatte, dieselbe Behandlung gleichgeschlechtlichen Lebensgefährtinnen aber verwehre, nehme er eine Ungleichbehandlung vor (Rn. 32 ff.).

Diese Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung bzw. des Geschlechts sei allerdings von Art. 8 und Art. 14 EMRK nur dann gedeckt, wenn ein ausreichender Rechtfertigungsgrund vorliegt, d.h. besonders überzeugende und gewichtige Gründe für eine Ungleichbehandlung bestünden. Solche erkennt der ÖstVfGH allerdings nicht. Insbesondere bestehe bei gleichgeschlechtlichen  Lebenspartnerschaften keine reale Gefahr, dass diese als Leihmutter agierten (so aber anscheinend die Intention des Gesetzgebers). Ferner lasse sich in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften keine Gefahr für die Institution der Ehe oder verschiedengeschlechtliche Lebenspartnerschaften erblicken.

Es darf mit Spannung erwartet werden, wie der österreichische Gesetzgeber auf das Urteil reagieren wird. Gründe, die gegen eine Zulassung der künstlichen Befruchtung mittels Samenspende auch für gleichgeschlechtliche Paare sprechen, sind jedenfalls nicht ersichtlich.

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